Kaum ein Thema wird so kontrovers diskutiert wie die Kastration. Leider wird diese Diskussion sehr emotional und oft in Unkenntnis der Sachlage geführt. Die Verwirrung unter den Katzenhaltern ist groß, und selbst viele Tierärzte sind nicht auf dem aktuellen Stand der Forschung.
Noch immer hält sich das Ammenmärchen, eine Katze müsse vor der Kastration einmal geworfen haben, und viele sind der Meinung, die Katzen solle sich "ausleben" und ihren "Spaß" haben.
Romantik sieht anders aus
Hierbei wird vergessen, dass die Paarung keine romantische Angelegenheit ist, sondern lediglich ein Trieb: Der Kater drückt die Katze mit seinen Krallen zu Boden, während er ihren Nacken mit seinen Zähnen packt und sie für ca. 10 Sekunden begattet. Sein Penis ist mit Widerhaken ausgestattet, die beim Zurückziehen einen intensiven, krampfartigen Schmerz bei der weiblichen Katze verursachen, welcher der Auslöser für den Eisprung ist.
Aufgrund dieses Schmerzes, der die Katze laut aufschreien lässt, wird der Kater nach der Paarung von ihr gekratzt und gebissen. Der Vorgang wiederholt sich meistens kurz darauf, aber nicht immer mit demselben Kater, da eine Katze pro Rolligkeit von mehreren Katern gedeckt werden kann.
Der Niedlichkeitseffekt
Einige Tierhalter möchten, dass die Katze Junge bekommt, damit sie selbst oder ihre Kinder einmal das "Wunder der Geburt" miterleben. Ausgenommen alle Jungtiere werden tatsächlich behalten, bringt man den Kindern damit statt Achtung vor der Schöpfung eher Verantwortungslosigkeit bei, denn die Überpopulation der Katzen ist immens, und es gibt längst nicht für alle ein gutes Zuhause!
Warum sollte man seine Katze kastrieren lassen?
Die Frage impliziert es schon: Auch die weiblichen Katzen werden kastriert - nicht sterilisiert!
Fakt ist, dass rollige Katzen einer großen hormonellen Belastung ausgesetzt sind, welcher nur durch eine Befruchtung oder durch die Kastration ein Ende gesetzt werden kann. Wird das Tier ausschließlich in der Wohnung gehalten und nicht gedeckt, kommt es zu einer regelrechten "hormonellen Vergiftung", der Dauerrolligkeit.
Was ist eine Dauerrolligkeit?
Bei der Dauerrolligkeit handelt es sich um einen nymphomanieähnlichen Zustand, der bis zu mehreren Monaten andauern kann. Wird die Katze keinem Tierarzt zur Behandlung vorgestellt, kommt es zu schweren Verhaltensstörungen und krankhaften Veränderungen an der Gebärmutter und den Eierstöcken.
Die Dauerrolligkeit entsteht dann, wenn die Katze in aufeinanderfolgenden Rolligkeiten gar nicht oder nicht erfolgreich gedeckt wird.
Der Eisprung erfolgt bei der Katze nicht zyklisch in regelmäßigen Abständen, sondern erst durch den Deckakt. Findet dieser nicht statt oder kommt es dabei nicht zum Eisprung, bilden sich die Follikel mit den befruchtungsfähigen Eiern am Eierstock zurück, und die Katze wird nach einigen Wochen erneut paarungsbereit.
Bleiben der Deckakt und somit auch der Eisprung weiterhin aus, verkürzen sich die Abstände zwischen den Rolligkeiten zunehmend, bis die Katze zwischen den einzelnen Rolligkeiten keine Ruhepause mehr hat. Sie ist dann dauerrollig, und als Folge entstehen Eierstockszysten:
Gefahren und Folgen des wiederholten Deckakts
Lässt man andererseits seine Katze wiederholt decken, verkürzt man nicht nur ihre Lebenserwartung und nimmt durch die Beanspruchung und Deformation der Gebärmutter gesundheitliche Schäden in Kauf, sondern man vermehrt auch das ohnehin bereits bestehende Katzenelend.
Erhält das Tier Freilauf, drohen ihm weitere Gefahren: Es wird sich auf der Suche nach einem Geschlechtspartner sehr weit von Zuhause entfernen und so lange unterwegs sein, bis es einen Partner gefunden hat.
Dabei wird es nicht nur in die Reviere anderer Katzen eindringen und diese durchkämpfen müssen, sondern es wird auch viele Straßen überqueren. Die meisten überfahrenen Katzen werden demzufolge während der Paarungszeit aufgefunden.
Unkastrierte Kater entlaufen meist bei Einsetzen der Geschlechtsreife, weil sie auf der Suche nach einer weiblichen Katze als Sexualpartner oft viele Kilometer zurücklegen und von den potenten Revierkatern immer wieder vertrieben werden.
In den erbitterten Katerkämpfen kommt es häufig zu Infektionen mit FIV (Katzen-Aids) oder FeLV (Feline Leukämie, auch Leukose genannt), sowie zu schweren, bisweilen sogar tödlich verlaufenden Verletzungen.
Weibliche Katzen sind während des Deckakts zudem in der Gefahr, durch den Nackenbiss des Katers mit FIV infiziert zu werden. Wird eine Katze von mehreren Katern gedeckt, steigt das Risiko einer Infektion mit jedem weiteren Kater entsprechend an.
Die Vorteile der Kastration auf einen Blick
Aus oben genannten Gründen steht es außer Frage, dass die Kastration von Katzen und Katern sinnvoll ist:
- Keine Rolligkeitssymptome
- Keine übelriechenden Markierungen
- Geringeres Bedürfnis zu streunen
- Geringere Aggression gegenüber Artgenossen
- Stärkere Menschenbezogenheit
- Kaum Risiko hormoneller Erkrankungen wie Zysten, Gesäugetumore oder Gebärmutterentzündungen bei der weiblichen Katze oder Prostatakrebs beim Kater
- Deutlich geringeres Risiko der Infektion mit FIV (Katzen-Aids) oder FeLV (Leukose) durch den Wegfall von Paarungsbissen und Katerkämpfen
- Höhere Lebenserwartung
- Kein Zuwachs ungewollter Katzenkinder, für die man kein Zuhause findet
Wann lasse ich meine Katze am besten kastrieren?
Einen idealen ZeitPUNKT gibt es nicht, wohl aber einen idealen ZeitRAUM. Soll Eure Katze in den Freigang, darf sie dies auf keinen Fall unkastriert, denn in vielen Fällen bemerkt man das Einsetzen der Geschlechtsreife erst, wenn es bereits zu spät, d.h. die Katze entlaufen oder trächtig ist.
Wann werden webiliche Katze geschlechtsreif? Durch die gesteigerte Lichtintensität werden Katzen seit einigen Jahren bereits mit durchschnittlich 4 - 5 Monaten rollig! Es gibt Tierärzte, die Tiere mit 4 oder 5 Monaten nicht kastrieren und behaupten, Katzen würden erst mit 6-8 Monaten geschlechtsreif; vorher könne gar nichts passieren. Diese Behauptung ist schlichtweg falsch!!
Auch gibt es aus medizinischer Sicht keinen einzigen Grund, das Tier einmal rollig oder gar trächtig werden zu lassen, und entgegen anders lautender Gerüchte muss nicht erst die komplette körperliche Entwicklung abgewartet werden, bevor das Tier kastriert werden kann.
Langzeitstudien haben gezeigt, dass die Hormone keinerlei Einfluss auf das Wachstum von Katze und Kater haben, sondern dass Größe und Körperbau ausschließlich genetisch bedingt sind.
Prinzipiell kann man sagen, dass es günstig ist, die Katze so früh wie möglich kastrieren zu lassen, denn je jünger ein Tier ist, desto besser verkraftet es die Operation.
Frühkastration
Es spricht vieles dafür, eine Katze bereits mit 3 oder 4 Monaten kastrieren zu lassen, was in anderen Ländern schon jahrzehntelang ohne Probleme praktiziert wird und sich auch bei uns immer mehr durchsetzt.
Dass manche Tierärzte es noch ablehnen, begründet sich in erster Linie durch mangelnde OP-Erfahrungen mit Tieren diesen Alters, bei denen insbesondere die Dosis des Narkosemittels genauestens dem Körpergewicht angepasst werden muss. Wird sie von einem sachkundigen Tierarzt durchgeführt, hat die so genannte Frühkastration (detaillierte Abhandlung hierzu per Klick auf den Link) viele Vorteile:
- Die Operation ist einfacher, da die Keimdrüsen frei liegen und noch nicht von Fettgewebe überlagert sind, dadurch gibt es...
- ...weniger Komplikationen/Blutungen.
- Die kürzere Operationszeit ermöglicht eine geringere und somit weniger belastende Narkose.
- Das Tier ist schneller wieder fit.
- Das Risiko von Gebärmutterkrebs, sowie anderen Krebsarten geht gen Null, wenn das Tier nie rollig war.
- Weder Kater noch Katze entlaufen triebgesteuert bei (unbemerktem) Eintreten der Geschlechtsreife/Rolligkeit.
- Eure Katze überrascht Euch nicht im Alter von 6 Monaten mit einem ungewollten Wurf Welpen, für die Ihr ein gutes Zuhause finden müsst.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Kastration und Sterilisation?
Zum Abschluss möchte ich die sehr häufig gestellte Frage klären, warum man weder die Katze noch den Kater sterilisieren lässt: Bei der Sterilisation werden die Katzen und Kater lediglich unfruchtbar gemacht, in dem die Eileiter bzw. die Samenleiter druchtrennt werden.
Das bedeutet, dass Eizellen und Samen nicht mehr transportiert werden und somit keine Befruchtung stattfinden kann. Die Tiere können also keinen Nachwuchs mehr zeugen.
Aber das ist auch der einzige positive Effekt des operativen Eingriffs. Denn die Hormone werden weiter wie zuvor produziert, so dass der Geschlechtstrieb und damit das gesamte Sexualverhalten unverändert bestehen bleiben bleiben.
Dies bedeutet, dass eigentlich alles beim Alten bleibt: Revierkämpfe, Harnspritzen, Dauerrolligkeit, Ansteckungsgefahr usw. Und es besteht weiterhin die Gefahr für hormonelle Erkrankungen! Die Sterilisation ist aus diesem Grund für die Tiermediziner keine Option.