Geboren als Streuner
Das Licht der Welt erblickten wir
im schönen Wonnemonat Mai.
Geworfen hat Mama uns vier
im Schutz der alten Molkerei.
Zwei starben in den ersten Tagen,
ganz leise und bedauernswert.
Um für uns alle Milch zu haben,
war Mama viel zu ausgezehrt.
Sie trug die schlaffen Körper fort,
das Herz vor Kummer schwer,
an einen unbekannten Ort;
im Nest wurd's kalt und leer.
So waren nur wir zwei geblieben;
und mit dem Juni kam die Zeit,
dass wir vom Tatendrang getrieben,
zu jedem Unsinn war'n bereit.
Im Juli kam der Regen dann
zur alten Molkerei,
und Mama brachte irgendwann
die Mäusejagd uns bei.
Als die Wolken sich verzogen,
fing Mama eines Tages Feuer;
worauf drei Kater um's Eck bogen,
bereit zum Liebesabenteuer.
Im August der große Schreck:
Bagger rissen Mauern weg;
damit war sie dann vorbei,
die Zeit im Schutz der Molkerei…
So zogen wir nun in die Welt
und suchten eine neue Bleibe
Hab‘n mancherorts uns vorgestellt,
doch rückte man uns stets zu Leibe.
Da Mamas Bauch allmählich prall,
man uns verscheuchte überall.
So mussten wir uns eingesteh'n:
Wir waren nirgends gern geseh'n.
In einem alten Abflussrohr,
gleich neben einem Rübenfeld,
schob sich das erste Katzenohr
dann im September in die Welt.
Sechs Kinder hatte Mama nun,
die es zu versorgen galt.
Ihr blieb nie Zeit, sich auszuruh'n!
Und der Oktober wurde kalt.
November brachte Schnupfen uns;
das Fieber hob den Hunger auf,
und Schwäche nahm Besitz von uns -
zwei kleine Körper gaben auf...
Dann wurde es mir plötzlich warm.
Was geschah? Ging es zu Ende?
Nein. Mich trug ein Menschenarm
und streichelten zwei sanfte Hände.
Sie war spazieren mit dem Hund,
als dieser uns im Rohr auffand.
Mit einem Korb für ihren Fund
kam sie alsbald zurückgerannt.
Dezember kommt dem Himmel gleich:
gesund gepflegt und frohen Mutes
ein Dach, zwei Kissen, kuschelweich,
gefüllte Näpfe - so viel Gutes!
Ich hatte Glück, behielt mein Leben,
dank einer guten Menschenseele!
Doch die, die noch nach Hilfe streben,
ich Dir heut ans Herz befehle!
© Birgit Lötzerich, www.katzeninfo.com
(Abdruck ohne Genehmigung der Verfasserin untersagt!)
Nachtrag aus gegebenem Anlass:
Es bricht mir das Herz! November 2019 - der Winter steht vor der Tür, und noch immer sind überall werdende Mütter in den Kolonien der wild lebenden Katzen unterwegs. Was soll aus all den Kitten nur werden, die im Winter das Licht der Welt erblicken? Wie sollen sie der Kälte und der Nässe da draußen als Neugeborene trotzen? Und wie sollen die Katzenmütter im Winter ihre Babys ausreichend mit Nahrung versorgen, wenn sie selbst durch die Jahreszeit an ihre Grenzen kommen??
Bitte schau nicht weg! Hilf, wo Du kannst!
Wenn eine zahme Streunerin in Deiner Gegend unterwegs ist, melde sie bitte nicht einfach nur dem örtlichen Tierschutzverein und hak es dann ab, denn die wirklich wenigen Ehrenamtlichen des Tierschutzes schaffen es nicht annähernd, alle Meldungen abzuarbeiten, ohne dass die Melder selbst mit anpacken!
Bei handzahmen Streunerkatzen kann wirklich jeder helfen, sie davor zu bewahren, einen weiteren Wurf wild lebender Katzen in die Welt zu setzen. Wenn man selbst nicht die finanziellen Mittel dazu hat, eine Kastration zu finanzieren, bittet man einen örtlichen Tierschutzverein, das Tier auf Kosten des Tierschutzes zum Tierarzt bringen und kastrieren lassen zu dürfen.
Vielleicht hat der Tierschutz sogar ein Plätzchen für das Tier, damit es von der Straße kommt und in Familienanschluss vermittelt werden kann, aber wenn nicht (die Plätze sind leider rar und die Zahl der Tiere überwiegt vielerorts die Möglichkeiten), dann ist mit der Kastration zumindest weiteres Elend verhindert!!
Und wenn auch Du dem Tier keinen Unterschlupf bieten kannst, vielleicht könntest Du eine wärmende Styroporkiste an einem geschützten Fleckchen im Garten aufstellen? Wo Du eine solche her bekommst und wie Du sie präparieren kannst, sowie weitere Infos, warum wild lebende Katzen so dringend unsere Hilfe benötigen, findest Du in meiner Rubrik Katzen in Not.
Bitte denk nicht, dass mein Gedicht reine Fiktion wäre, denn es beschreibt die bittere Wirklichkeit da draußen. Und diese Wirklichkeit hält leider - im Gegensatz zum Gedicht - nur selten ein Happy End parat, wenn wir nicht dafür sorgen. Es liegt also an uns. Ich hoffe, Du hast das Herz dafür, ein Happy-End-Stifter zu sein und wirst aktiv, wenn Dein Handeln gebraucht wird!
Dass Du Dir die Zeit genommen hast bis hierher zu lesen, zeigt auf jeden Fall, dass die Not der Tiere nicht einfach an Dir vorbei geht. Danke dafür! Vielleicht magst Du daher das Gedicht und meinen Apell auch an andere Katzenfreunde teilen? Es würde mich freuen! Schreib am besten ein paar Sätze dazu, warum die Sache Deiner Ansicht nach die Aufmerksamkeit Deiner Freunde verdient, damit es nicht achtlos in der Flut der täglichen Nachrichten untergeht.