Kätzische Adventsfeier
Es war mitten in der Nacht. Hätte man auf die Lichttaste des Weckers gedrückt, der neben dem Bett der Menschen stand, hätte man die Ziffern 2.40 gesehen. Aber es drückte natürlich gerade niemand auf die Lichttaste, denn die Menschen schliefen tief und fest. Das heißt, man konnte ja noch mal nachsehen... Vorsichtig kitzelte Mimi Dosines Ohr, welches unter der Decke hervorlugte, mit der Pfote. Ha! Sie hatte recht: tief und fest! Also gab es nichts mehr zu überlegen. Raus aus dem Bett und hinunter zu diesem verlockenden Etwas.
Das Etwas stand mitten auf dem Esstisch im Erker. Es roch so gut! Sie war fest entschlossen, sich erst einmal eine Nase von diesem wunderbaren Duft zu gönnen, bevor sie irgendetwas anderes tun würde.
"Hey, wo willst Du denn hin?", fragte Fritzi, der gerade wach wurde, als sie über ihn stakste. "Ach, ich will nur mal kurz nach unten, schauen, ob alles in Ordnung ist..." Scheinbar belanglos kam die Antwort. Aber das zog nicht bei Fritzi. "Pah! Gib zu, Du hast nur gewartet, bis sie eingeschlafen sind!"
"Gewartet womit?" Mimi bemühte sich, völlig ahnungslos zu klingen. "Na damit, das Ding zu plündern...", antwortete Fritzi besserwisserisch. "Welches Ding? Ich weiß gar nicht, wovon Du redest!", gab Mimi etwas schnippisch zurück und schlenderte zur Treppe.
Er war natürlich sofort hinter ihr, und so trabten sie gemeinsam eine Etage tiefer. Schon auf der Hälfte der Treppe konnten sie den Esstisch sehen und trauten ihren Augen nicht: Gerade sahen sie noch Sammy schuldbewusst von einem der Stühle springen, und auf den beiden anderen sahen sie Luca und Semira, sichtlich bemüht, völlig gelangweilt in eine andere Richtung zu sehen. Dabei war doch jedem völlig klar, was sie da taten.
Sie hatten es auch auf das gut riechende Ding abgesehen!
Es war Luca, der das Schweigen brach: "O.k., Ihr habt uns erwischt! Aber wir Euch ja wohl genauso! Also hören wir doch auf uns gegenseitig was vorzumachen und sehen wir uns das gute Stück gemeinsam näher an!" Mit einem Satz war er auf dem Tisch.
Da stand es in seiner Pracht, verziert mit lauter kleinen, verlockenden Spielzeugen. Einige dieser Spielzeuge kannte Luca. Zum Beispiel die Dinger, die die Menschen immer anzündeten, damit es heller im Raum würde. Kerzen nannten sie das, soweit er wußte. Und da lag auch etwas, was man essen konnte - nein, nicht er, aber die Menschen aßen es für gewöhnlich: ein Apfel. Aber dann waren da noch einige andere interessante Dinge, die er nicht kannte. Zum Beispiel diese lustigen, braunen Dinger, die die Form von kleinen Bäumchen hatten. Oder die kleinen braunen Sternchen, die so stark nach Gewürzen rochen.
Die anderen waren ihm längst auf den Tisch gefolgt, und hatten das Etwas ins Wanken gebracht. Ups, da kullerte plötzlich eines der kleinen Spielzeuge herunter auf den Tisch - von ganz allein...ehrlich! Er hatte nichts getan! Die anderen nickten: Sie würden beschwören können, dass es nicht Lucas Schuld war! Ganz klar!
Semira schmetterte das Teilchen gekonnt mit ihrer Rechten vom Tisch, wie es selbst eine Steffi Graf nicht besser hätte hinbekommen können. "Suuuper", jubelte Fritzi, und hechtete hinterher. Er stand ja mehr auf Fußball als auf Tennis, und so bemühte er sich, das Ding mit einem geübten Schuss á la Beckenbauer zwischen die Stuhlbeine ins Tor zu befördern.
Zum Glück war es keines der kleinen braunen Bäumchen, denn das hätte unter Garantie soviel Lärm gemacht, dass die Menschen aufgewacht wären...
Im selben Moment preschte Mimi quer über den Tisch, denn sie hatte den Kampf mit einem dünnen Strohfetzen aufgenommen und wirbelte das fadenartige Teil durch die Luft. "Du entkommst mir nicht!", zischte sie siegessicher.
Sammy, der ja von jeher etwas gemächlich war, saß lächelnd etwas abseits und beobachtete das lustige Treiben. Doch gerade als es so richtig spaßig wurde, beging Fritzi einen folgenschweren Fehler: Er hatte gerade eines der klitzekleinen Spielzeuge unter Inanspruchnahme all seiner Geschicklichkeit mit den Zähnen aus dem gut riechenden Etwas gepflückt und trug dieses nun in gewohnter Manier voller Stolz mit einem lauten “Beutegeheul” durch das Wohnzimmer...
Das hätte er lieber bleiben lassen, denn sogleich erklang die Stimme der Doseline: "Was ist denn da unten los?" Ein paar Sekunden später stand sie bereits, sich den Schlaf aus den Augen reibend, im Erdgeschoss. "Ich glaube wohl, euch geht es zu gut!!!", schimpfte sie, sammelte die schönen Spielsachen ein und verfrachtete das immer noch gut riechende aber doch stark in Mitleidenschaft gezogene Etwas in die Küche.
Aus war die schöne Adventsfeier... Ertappt huschten Fritzi und Mimi die Treppe zum Schlafzimmer hinauf, während die anderen sich ins Wohnzimmer schlichen, um der immer noch schimpfend vor sich hin brummelnden Dosine zu entgehen.
"Aber hat doch Spaß gemacht, nicht wahr?!", flüsterte Fritzi noch eben zu Mimi hinüber, bevor sie beide die Augen schlossen, um sich nach diesem berauschenden Fest nun etwas Ruhe zu gönnen...
© Birgit Lötzerich, www.katzeninfo.com
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